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Das aktuelle Thema
Justiz
am Pranger -
Wie das Recht auf Zugang zu den Gerichten von Staat
und Justiz erschwert wird (Teil 2 von 2)
...Nun nennt das Grundgesetz als
Staatsprinzipien auch den Rechtsstaat und den Sozialstaat. Folglich
wurden Instrumente eingeführt, die auch dem bedürftigen
Bürger den Zugang zum Recht ermöglichen sollen. In
außergerichtlichen Angelegenheiten ist dies die Beratungshilfe,
in Gerichtsprozessen die Prozeßkostenhilfe.
Prozeßkostenhilfe
Ist
eine Rechtsangelegenheit klagereif, besteht die Möglichkeit,
Prozesskostenhilfe (PKH) zu beantragen.
Die PKH wird nur auf
Antrag beim Hauptsachegericht gewährt und nur, wenn der
Antragsteller bedürftig ist und die Sache Aussicht auf Erfolg
hat. Die Bedürftigkeit muss durch Ausfüllen eines Formulars
zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
nebst Belegen nachgewiesen werden, die Erfolgsaussichten werden
anhand der Klageschrift oder eines Klageentwurfs geprüft.
Erfolgsaussichten bestehen nur, wenn die Klage schlüssig ist,
also aus der Argumentation sich überhaupt ein Anspruch herleiten
läßt, Tatsachenfragen entscheidungserheblich sind, die
eine Beweisaufnahme bedingen würden und die Verfolgung des
Anspruchs nicht mutwillig ist (z.B. Streitwert 1 ).
PKH hat
zur Folge, daß die Gerichtsgebühren und die Kosten des
eigenen Anwalts nicht oder nur in zumutbaren Raten beglichen werden
müssen. Ist auch die Gegenseite anwaltlich vertreten, bleibt ein
Restrisiko, da im Falle des Unterliegens die Kosten des gegnerischen
Anwalts aus eigener Tasche bezahlt werden müssen.
Ab einem
Streitwert von ca. 3000,- verdient der Rechtsanwalt, der durch
die Justizkasse bezahlt wird, geringere Gebühren als bei einem
normalen Prozess. Also auch hier gilt wie bei Beratungshilfe, daß
dem Rechtsanwalt ein Sonderopfer auferlegt wird. Auch er zahlt wie
jeder Bürger Steuern zur Finanzierung des Sozialstaats, außerdem
muss er Einkommenseinbußen hinnehmen. Zudem darf der
Rechtsanwalt keine Vorschüsse nehmen, da diese mit der
Justizkasse verrechnet werden müssen, er muss also oft
monatelang Auslagen vorstrecken, ohne etwas zu verdienen.
PKH-Anträge sind für die antragstellende Partei nicht
ungefährlich, wenn sie den Prozess nur mit PKH führen
möchte. Wenn sie abgelehnt wird, ist oft der Rechtsstreit
bereits rechtshängig und alle Kosten müssen aus eigener
Tasche bezahlt werden. Eine Vorabprüfung ist zwar möglich,
die Gerichte neigen jedoch dazu, die Antragsschriften nicht genau zu
lesen und stellen einen Klageentwurf oft schon als echte Klage der
Gegenseite zu. Mit dieser Zustellung läuft der Rechtsstreit. Die
Klage müsste nun (kostenpflichtig) zurückgenommen
werden.
Manchmal kombinieren die Gerichte Bedürftigkeitsfragen
und solche der Erfolgsaussichten so geschickt miteinander, dass die
PKH abgelehnt werden kann. So werden einem Teil der Klage die
Erfolgsaussichten abgesprochen, damit der Reststreitwert so gering
ist, dass keine Bedürftigkeit mehr besteht. Gegen falsche
PKH-Beschlüsse kann Beschwerde eingereicht werden, für
dieses separate Verfahren gibt es jedoch keine PKH. Es können
folglich Kosten anfallen, die man nur wegen einer falschen
Entscheidung des Gerichts zu tragen hat. Und der durch die Beschwerde
kritisierte Richter entscheidet weiterhin über Ihren Fall.
PKH
gibt es im übrigen auch für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
oder für Abwehrhandlungen gegen solche Maßnahmen. PKH gibt
es nicht im Strafrecht, dort gibt es den Pflichtverteidiger. Deren
Bestellung ist jedoch nicht von der Bedürftigkeit abhängig,
sondern von der Schwere des Vorwurfs und der geistigen oder
körperlichen Fähigkeit, sich selbst angemessen zu
verteidigen.
Aus der folgenden Tabelle können
Sie einige Beispiele aus meiner persönlichen Erfahrung ersehen.
Sie soll verdeutlichen, wie lange einige Fälle brauchten bis die
Abrechnung realisiert wurde.
Aktenzeichen |
Klage / PKH-Antrag |
Ablehnung / Abrechnung |
Zahlung erfolgt am |
---|---|---|---|
2000/66* |
05.12.2000 |
01.03.2001 |
|
2000/83 |
04.01.2001 |
19.04.2001 |
11.07.2001 |
2000/88** |
21.12.2000 |
08.01.2001 |
13.11.2001 |
2001/11 |
13.03.2001 |
14.08.2001 |
11.09.2001 |
2001/14 |
20.03.2001 |
10.10.2001 |
09.11.2001 |
2001/20 |
29.03.2001 |
11.05.2001 |
09.07.2001 |
* PKH abgelehnt mangels
Erfolgsaussichten und trotzdem Gerichtsgebühren gefordert
**
die PKH wurde erst nach Beschwerde bewilligt
Auch wenn dieser Beitrag ein düsteres Bild des Justizwesens zeichnet, weder Sie als bedürftiger Mandant noch Ihr Anwalt haben daran Schuld. Fast jeder Rechtsanwalt wird dennoch Ihre Interessen angemessen vertreten, da er sich auch seiner sozialen und fürsorgerischen Funktion in der Gesellschaft bewusst ist und sein Unbehagen über die Zustände nicht bei dem schwächsten Glied der Kette auslassen wird. Wichtig ist, den gewählten Rechtsanwalt frühzeitig vertrauensvoll über die eigene wirtschaftliche Situation zu informieren, damit er über die Möglichkeiten informieren und die notwendigen Schritte einleiten kann.
Für die Richtigkeit der hier gemachten Angaben ist eine Haftung ausgeschlossen.